Wer glaubt, dass Stillen immer leicht von der Hand geht, irrt. Viele Mütter betreten dieses Abenteuer zuversichtlich, nur um dann mit unerwarteten Herausforderungen konfrontiert zu werden. In unserer Studie zeigen wir, wie weitverbreitet diese Schwierigkeiten tatsächlich sind und warum es höchste Zeit ist, darüber zu sprechen.
Ganz offen gefragt: »Hattest du Probleme beim Stillen?« – und ganze 67,21 %1 der Frauen2 sagten »Ja«. Das ist eine schockierend hohe Zahl, die zeigt, dass viele Frauen beim Stillen auf Hürden stoßen. 😟 Und als wir jenen, die »Nein« gesagt hatten, eine Liste typischer Probleme zeigten, erkannten weitere 23,3 %3, dass sie tatsächlich welche erlebt hatten. Summiert sind das also 91 %4 – fast alle Frauen berichten von Schwierigkeiten.
Warum das ein Problem ist?
In einer Gesellschaft, die Stillschwierigkeiten als »normal« abstempelt und meint, da müsse man eben durch, bleibt Unterstützung oft auf der Strecke. Unsere Studie zeigt, dass Frauen, die Schmerzen beim Stillen haben, früher abstillen als geplant5. Was folgt daraus? Fast 90 %6 der Frauen wollen ursprünglich stillen, aber zwei Monate nach der Geburt tun es nur noch knapp die Hälfte ausschließlich, nach vier Monaten sind es nur noch 40 %7.
Die WHO empfiehlt, die Kleinen sechs Monate ausschließlich zu stillen und bei Einführung von Beikost bis zum Alter von 2 Jahren oder darüber hinaus weiterzustillen9.
Die kurze Antwort ist: Die Selbstverständlichkeit für das Stillen fehlt in unserer modernen, westlichen Gesellschaft.
Stillen ist eine Fähigkeit, die sozial vermittelt wurde – früher halfen Großmütter, Mütter und Tanten den Neumüttern. Heute fehlen oft diese Strukturen, und viele junge Mütter sehen das erste Mal ein Baby an der Brust, wenn es ihr eigenes ist.
Dazu kommt die gesellschaftliche Stigmatisierung. Stillen wird durch die Sexualisierung der weiblichen Brust oft verdrängt, und Frauen, die öffentlich stillen, erleben häufig Kritik.
In Krankenhäusern fehlt oft die nötige Unterstützung, weil Personal unterausgebildet oder überlastet ist. Innerhalb von Minuten werden Stillhütchen und Pre-Nahrung als »schnelle Lösungen« bereitgestellt. Und die Industrie für Kunstnahrung hat tiefere Taschen, als man sich vorstellen kann, und vermarktet ihre Produkte aggressiv – das beeinflusst leider nicht selten das medizinische Personal.
All das schafft ein Umfeld, in dem Frauen das Gefühl bekommen, dass Stillen problematisch ist. Ein unnötiges Gefühl, denn oft sind es nur Kleinigkeiten, wie falsche Stillpositionen, die Schwierigkeiten auslösen. Die gute Nachricht? Mit der richtigen Unterstützung sind diese Probleme lösbar.
Unsere Studie zeigt: Stillberaterinnen sind oft der Schlüssel zur Lösung. Eine Sitzung kann oft die Ursache von Problemen aufdecken. Auch Stillvorbereitungskurse helfen, Schwierigkeiten von vornherein zu vermeiden. Eine gute Kombination aus Nachsorge-Hebamme und Stillberaterin führt zu den besten Ergebnissen.
Zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen und das Still-Lexikon sind hervorragende Anlaufstellen.
Sei Teil der Veränderung – Unsere Studie ist zunächst nur ein Anfang. Unterstütze uns dabei, die Betreuung von Familien zu verbessern und die Stimme all jener zu hören, die zu oft übersehen werden. Du kannst uns helfen, indem du:
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Danke, dass du dabei bist! ♥️
Deine Chrissi
1, 3, 4, 5: babysatt Stillstudie: Ergebnisbericht zur Studie »Stillen in Deutschland besser verstehen: Informationsquellen, Hindernisse und Unterstützung«, Holderbaum, Christina; Zenker, Viktoria, 2025.
2: Anmerkung der Autorin: Unsere Ergebnisse basieren auf einer besonderen Gruppe von Frauen, die schon Interesse an Hebammen und Stillberatung haben. Deshalb gelten diese Ergebnisse nicht unbedingt für alle Frauen in Deutschland.
6, 7, 8: KiGGS: Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, KiGGS Welle 2, Robert Koch-Institut, 2014–2017.
9: Europäisches Institut für Stillen und Laktation: Aktuelle WHO-Empfehlung zu Beikost und Kleinkindernährung, https://www.stillen-institut.com/de/aktuelle-who-empfehlungen-zu-beikost-und-kleinkindernaehrung.html (abgerufen am 29.04.2024).
10: Vgl. Reich-Schottky/Rouw, 2021, S. 155.
Wir sind zwei Mütter, Christina Holderbaum und Viktoria Zenker, die diese Studie im engen Austausch mit Stillexpertinnen, Hebammen, medizinischem Fachpersonal und anderen Eltern durchgeführt haben. Wir arbeiten beide im Forschungs- und Statistikbereich und haben unsere reguläre Arbeitszeit um einen Wochentag gekürzt, damit wir an diesem Herzensprojekt arbeiten können. Die Stillstudie finanzieren wir vollständig aus eigener Tasche und fühlen uns den Grundsätzen der Nationalen Stillförderung und dem WHO-Kodex verpflichtet.
Autorin der Stillstudie
Gründerin von babysatt, Researcherin, Stillbegleiterin (DAIS)
Co-Autorin der Stillstudie
Researcherin
Unterstützerin der Stillstudie
Logopädin, Fachkraft babygeleitete Beikost, Stillberaterin
Unterstützerin der Stillstudie
Ärztin, Still- und Laktationsberaterin (IBCLC)
Unterstützerin der Stillstudie
Still- und Laktationsberaterin (IBCLC)